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Digitale Kompetenz aufbauen

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht in irgendeinem Medium das Thema „Digitalisierung“ abgehandelt wird. Allein schon die massive Medienpräsenz lässt vermuten, dass das Thema von entsprechender Relevanz sein muss. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was es mit diesem Begriff der „Digitalisierung“ eigentlich auf sich hat und welche Bedeutung ihr speziell für die SHK-Branche zugemessen werden kann.

Die Digitalisierung kann als ein umfassender Umwandlungsprozess verstanden werden, der auf dem Einsatz digitaler sowie vernetzter Technologien, Produkte und Dienstleistungen beruht und der sämtliche Lebensbereiche durchdringt. Durch die Nutzung digitaler Angebote und Anwendungen wird es Menschen, Organisationen, Maschinen und Objekten ermöglicht, in Echtzeit miteinander zu kommunizieren und nahezu unbegrenzte Mengen an Daten und Informationen zu sammeln, auszutauschen und zu analysieren. Diese neuen technologischen Optionen verändern die Wirtschaft, die Gesellschaft sowie die Erfahrungswelt jedes Einzelnen.

Nicht zuletzt aufgrund dieser umfassenden Auswirkungen auf alle Wirtschaftsakteure kann die Digitalisierung als einer der Mega-Trends der nächsten Jahrzehnte bezeichnet werden. Der oftmals verwendete Zusatz „4.0“ beruht auf der Annahme, dass die Digitalisierung nach der Mechanisierung, Industrialisierung und Automatisierung nunmehr die sogenannte vierte industrielle Revolution darstellt.

Wesentliche Ziele

Die wesentlichen Ziele der Digitalisierung können folgendermaßen zusammengefasst werden:

  • individuelle Serienproduktion (bis zur Losgröße 1)
  • durchgängige Informationen über alle Produktions-, Vertriebs-, Kommunikations- und Lebenszyklusstufen hinweg
  • neue (digitale) Geschäftsmodelle
  • bessere Planqualität durch echtzeitnahe Daten
  • weniger Medienbrüche
  • hohe Reaktionsfähigkeit
  • kürzere Durchlaufzeiten
  • verbesserte Produktivität.

Dass das Thema Digitalisierung nicht nur für die Industrie, sondern gerade auch für die SHK-Branche von erheblicher Relevanz ist, unterstreichen nachfolgende Prognosen, welche in der Wirtschaftszeitung „Aktiv“ im Dezember 2015 veröffentlicht wurden: So wird davon ausgegangen, dass es im Jahr 2020 in Deutschland zwischen 1 und 1,5 Millionen „smarte“ Haushalte geben wird. Je nach Schätzung werden schon im Jahr 2020 weltweit 20 bis 50 Milliarden Geräte vernetzt sein. Weiterhin rechnen Experten damit, dass sich das Segment der intelligenten Haustechnik bis 2017 europaweit auf einen Markt von 4 Milliarden Euro Jahresumsatz ausweiten wird (doppelt so viel wie im Jahr 2013).

Für das Jahr 2025 wird in dem besagten Fachartikel laut einer Prognose der Unternehmensberatung McKinsey in Deutschland ein Jahresumsatz in Höhe von 207 Milliarden Euro mit intelligenten Produkten vorhergesagt. Darüber hinaus versprechen sich schon heute sechs von zehn Deutschen Energieeinsparungen und mehr Komfort durch Smart-Home-Lösungen.

Insbesondere die in den letzten Jahren zunehmenden Aktivitäten branchenfremder Akteure im Bereich der Haustechnik unterstreichen – unabhängig von allen Prognosen – das enorme Potenzial, das speziell in der SHK-Branche steckt. Selbst für den Fall, dass die vorgenannten Prognosen nicht vollumfänglich eintreffen, steht dennoch außer Zweifel, dass die Digitalisierung gerade in der SHK-Branche zunehmend um sich greifen wird.

Auswirkungen auf die SHK-Branche

Das veränderte Kundenverhalten kann dabei als bedeutendster Treiber des digitalen Wandels identifiziert werden. Darüber hinaus werden sämtliche Altersgruppen internetaffin. Dies bedeutet, dass bislang noch vorhandene soziodemografische Hemmschwellen im Hinblick auf Online-Transaktionen zunehmend erodieren. So werden bereits heute schon Online-Käufe in finanziellen Größenordnungen getätigt, die noch vor wenigen Jahren völlig unvorstellbar waren (z. B. Heizungs- oder Komplettbadkäufe über spezielle Onlinehändler).

In den nächsten Jahren wird die Digitalisierung deshalb in der SHK-Branche im Allgemeinen und in den SHK-Betrieben im Speziellen weiter fortschreiten. Dies wird in den Betrieben Auswirkungen auf alle Unternehmensbereiche mit sich bringen – von der Beratung und Planung über die Auftragsdurchführung bis hin zur Nachkaufbetreuung und Kommunikation.

Smarte Produkte und Dienstleistungen, wie Smart-Home-Systeme, Fernüberwachung, Online-Konfiguration, Online-Bestellung, Online-Terminvereinbarung, werden vom Verbraucher in Zukunft zunehmend gefordert. Folgende digitale Einsatzbereiche bzw. Chancenfelder können exemplarisch für die SHK-Betriebe identifiziert werden:

  • Smart-Home-Lösungen bzw. intelligente und vernetzte Systeme der Hausautomation
  • Komplexe Regelungstechniken mit onlinebasierter Steuerung im Heizungsbereich
  • Online-basiertes Bestellwesen beim Großhandel über Portale und Smartphone-Apps
  • Cloudbasierte Branchensoftwarelösungen
  • Einsatz von 3D-Raumbrillen bzw. VR-Technologie im Bereich der Badplanung
  • Cloudbasierte ganzheitliche Gebäudeerfassung (ZV-Data)
  • Elektronische Geräteverwaltung mittels NFC-Technologie (ZVTOOL)
  • Digitale Vergabe im öffentlichen und gewerblichen Bereich
  • Digitale Vernetzung am Bau über online-basierte Projektplattformen (Building Information Modeling)
  • Online-basierte Systeme der Fahrzeugortung und Zeiterfassung
  • Einsatz von „mobilen Monteuren“ im Servicebereich im Rahmen von Tablet-, Smartphone- oder Laptoplösungen
  • Flottenmanagementsysteme im Werkzeugbereich
  • Effiziente Störungsbeseitigung mittels Zugriff auf Störcode-Datenbank per PC oder Smartphone-App
  • Einsatz von Drohnen im Bereich Klempnerei zur Dokumentation, Schadensaufnahme und zur Wartungsunterstützung
  • Elektronisches Dokumentenmanagement/ digitale Bauakte
  • Moderne CRM-Systeme zur Kundenbearbeitung
  • Gezielte Nutzung sozialer Medien bzw. Online-Medien im Rahmen des Marketings (z. B. professionelle Firmen-Homepage, gezielte Werbung mit Google-AdWords, Präsenz auf Facebook, Nutzung von Bewertungsplattformen usw.)
  • Fernüberwachung und -wartung moderner Heizungsanlagen
  • (Teil-)Digitalisierung von Geschäftsprozessen (z. B. digitales Aufmaß, Schadensaufnahme und -meldung mittels Smartphone, Online-Terminvereinbarung)
  • Contracting-Modelle (weg von individueller Heizung hin zu Wärmelieferung)
  • 3D-Druck im Sanitärbereich (nur noch eine Frage der Zeit)?

Hierbei gilt es für die SHK-Betriebe, die sich bietenden Chancen konsequent zu nutzen, und für den Betrieb passende Geschäftsfelder frühzeitig aktiv zu besetzen, um sich im regionalen Markt zwingend notwendige Alleinstellungsmerkmale aufzubauen.

Neben allen Potenzialen stellt die Digitalisierung der Wirtschaft die SHK-Betriebe aber auch vor erhebliche Aufgaben. Folgende zentrale Herausforderungen können für die Betriebe in den kommenden Jahren abgeleitet werden:

  • Verbesserung der IT-Kompetenz von Betriebsinhabern und Mitarbeitern sowohl im Bereich der innerbetrieblichen Anwendungen als auch im Rahmen der In-stallation entsprechender Produkte beim Kunden
  • Verbesserung des Datenschutzes und der Datensicherheit (Hard- und Software) intern und extern, denn Daten sind die neue Währung im Zeitalter der Digitalisierung
  • Aktive Besetzung neuer digitaler Geschäftsfelder
  • Aktiver Verkauf intelligenter Produkte
  • Aufbau einer Beratungs- und Wartungskompetenz für intelligente Produkte
  • Konsequente Nutzung der digitalen Potenziale im Zusammenhang mit der Optimierung von betrieblichen Prozessen (Bestellwesen, Planung, Koordination, Abwicklung, Abrechnung, Wartung, Nachkaufbetreuung, Einsatzplanung, Buchführung)
  • Verstärkte Spezialisierung auf Kerngeschäftsfelder bzw. Nischen, speziell bei kleineren Betriebsgrößen
  • Stärkung der medialen Präsenz im Internet bzw. sonstigen Online-Kanälen
  • Professionalisierung der gesamten Prozessabläufe im Verkauf
  • Rationalisierung und Beschleunigung der Angebotserstellung
  • Intensive Beschäftigung mit digitalen Projektplattformen (BIM) sowie der digitalen Vergabe
  • Betreten neuer Wege im Rahmen der Kundenbindung (z. B. Kunden-Apps zur Terminvereinbarung, Abrechnung)
  • Aktiver Einsatz digitaler Technologien im Kundenkontakt (z. B. mobile Monteure, mobile Zeiterfassung, Online-Planungstools)
  • Kundennähe, Service-, Beratungs- und Dienstleistungskompetenz, Flexibilität und Individualität aktiv mit allen Mitarbeitern leben
  • Weiterentwicklung des Betriebs zur „regionalen Marke“ als Pendant zu anonymen überregionalen Online-Anbietern.

Es kann festgehalten werden, dass die Digitalisierung neben allen Herausforderungen gerade im technisch anspruchsvollen SHK-Handwerk auch enorme Chancen bietet. Fakt ist: Neue (digitale) Technologien werden den Markt erobern, ob die SHK-Betriebe dies wollen oder nicht. Fakt ist auch: In Zukunft werden verstärkt Services und Dienstleistungen dominieren und weniger die Produkte. Dies erfordert ein fundamentales Umdenken im bislang stark produktgeprägten SHK-Markt.

Klassische Handwerksarbeit bleibt gefragt

Der Verbraucher der Zukunft wird digitale Dienstleistungen und Produkte von seinem Handwerksbetrieb erwarten. Letztlich stellt sich deshalb nicht die Frage ob, sondern wer dem Kunden die entsprechenden Produkte bzw. Dienstleistungen liefert und hierfür entsprechende Kompetenzen vorhält. Trotz aller Veränderungen, die die Digitalisierung für die SHK-Betriebe mit sich bringen wird, bleibt gleichzeitig die Erkenntnis festzuhalten, dass die klassische Handwerksarbeit auch in Zukunft nicht durch Maschinen oder neue Technologien ersetzt, sondern allenfalls optimiert werden kann.

Ebenso darf die Digitalisierung nicht als Allheilmittel für mögliche Defizite im unternehmerischen Bereich verstanden werden, denn was analog nicht funktioniert, wird auch digital nicht funktionieren. Bei allen Unwägbarkeiten hinsichtlich der potenziellen Chancen und Risiken der Digitalisierung in der SHK-Branche kann jedoch eines mit Sicherheit festgehalten werden: Wer die Chancen nutzt, hat Zukunft!

Tipp

Chancen und Herausforderungen

Können Sie mit der digitalen Entwicklung Schritt halten? SHK-Fachunternehmer sollten vor allem folgenden fünf Punkten vertiefend nachgehen, um die Frage umfassend beantworten zu können:

  • Wer erreicht den Kunden in der digitalen Welt am besten und kompetentesten?
  • Wer ist erster Ansprechpartner für den Kunden bei digitalen Produkten bzw. Dienstleistungen rund um die Haus- und Gebäudetechnik?
  • Wer bietet möglichst einfache und nutzerfreundliche Lösungen für mögliche Schnittstellenthemen durch den Einsatz unterschiedlicher Systeme an?
  • Wer kann den Kunden mit professioneller Beratung und innovativen Serviceleistungen am kompetentesten durch den digitalen Dschungel lotsen?
  • Wer liefert die glaubwürdigsten Antworten auf Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit im Umgang mit persönlichen Kundendaten?
  • Auf diese Fragen gilt es für die SHK-Betriebe in Zukunft, völlig unabhängig von der jeweiligen Betriebsgröße, individuelle Antworten bzw. Lösungen zu finden.

    Info

    Smartphones im Arbeitsalltag

    Die aktuelle Meinungsforschung der SBZ beschäftigt sich unter anderem mit der Nutzung von Smartphones und Tablets im SHK-Alltag. So wollten wir wissen, wie groß der Anteil der Handwerker ist, die smarte Geräte und deren Funktionen regelmäßig nutzen.

    Basis der Aussagen ist die Studie „f.ma Fachentscheider Gebäudetechnik SHK“. Dabei werden Daten erhoben zu aktuellen Fragen rund um das Thema Gebäudetechnik. Die Neutralität in Konzeption, Durchführung und Analyse wird durch die ausschließliche Beauftragung von externen Experten und Instituten sichergestellt. Die Studienreihe will der Alfons W. Gentner Verlag im Markt der Gebäudetechnik-Fachtitel etablieren. Es handelt sich zudem um eine kontinuierliche Analyse der Nutzung von Fachmedien in unserer Branche.

    Zweimal jährlich werden jeweils mindestens 175 SHK-Entscheider (Inhaber und Geschäftsführer) telefonisch rekrutiert und per Online-Erhebung befragt. Auch die Redaktion der SBZ bekommt Raum für Fragen und ist dadurch in der Lage, die Stimmung im SHK-Fachhandwerk detailliert zu erfahren.

    www.fmafachentscheider.de

    Autor

    Dipl.-Betriebswirt (FH) Albrecht Oesterle ist Referatsleiter Betriebswirtschaft beim Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg. E-Mail: info@fvshkbw.de www.fvshkbw.de