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Installateur auf dünnem Eis

Was der Planer im Vorfeld nicht ausreichend berücksichtigt, muss der Installateur hinterher auf die eigene Kappe nehmen. Und zwar dann, wenn er die Vorgaben umsetzt, ohne die am Bau Beteiligten vorab auf eventuelle Unstimmigkeiten hinzuweisen. Versäumt er dies, können die Auswirkungen gravierend sein: Als ausführender Unternehmer steht der Installateur für seine Leistungen gerade – nicht nur bautechnisch, sondern auch rechtlich. Wer sich als Handwerksunternehmer hier schützen und in strittigen Fällen sicheren Boden unter den Füßen behalten will, muss weit vor dem ersten Handschlag auf der Baustelle eine Menge berücksichtigen – und wissen. Genau das ist nicht immer einfach. Denn das bauliche Regelwerk, das bei der Ausführung zur Anwendung kommt, ist sehr komplex. Zudem bietet die Auslegung der Formulierungen nicht selten großen Spielraum für Interpretationen. Eben dieser Umstand führt auf der Baustelle regelmäßig zu Diskussionen zwischen Bauherr, Bauüberwachendem, Planer sowie dem ausführenden Unternehmer. Die Streitpunkte berühren zumeist das Bauproduktenrecht, die Verwendbarkeitsnachweise sowie wesentliche und nichtwesentliche Abweichungen.

Ärger häufig vorprogrammiert

Konkretes Beispiel: Die Planung sieht die Abschottung einer Rohrleitungsanlage mittels nicht geregelter Bauart vor. Für Installateure ist dies ein häufiger Sachverhalt, da die meisten Systeme zur Abschottung von Rohrleitungen zu den nicht geregelten Bauarten gehören. Weist nun der Handwerksunternehmer bei diesem Projekt die Ausführung aufgrund unklarer Zulassungsnachweise für Bauprodukte bzw. Bauarten zurück, kann es durchaus vorkommen, dass er bei Architekt, Fachplaner oder Bauherrn als Auftragnehmer und Dienstleister in Ungnade fällt. Gleichzeitig weiß der Unternehmer: Spätestens zur privatrechtlichen Abnahme wird genau jener Architekt oder Bauherr von ihm eine Übereinstimmungserklärung zur entsprechenden Bauart verlangen. Was der Handwerker in diesem Fall auch unternehmen mag – der Ärger scheint vorprogrammiert.

Rechtliches Wissen erforderlich

Um die für ihn richtigen Entscheidungen sicherer fällen zu können, ist für den Installateur die Kenntnis über rechtliche Details unabdingbar. Dazu gehören unter anderem die Vorgaben der Musterbauordnung (MBO), insbesondere § 55 Abs. 1. Dieser Paragraph legt fest, dass der installierende Unternehmer „für die mit den öffentlich-rechtlichen Anforderungen übereinstimmende Ausführung der von ihm übernommenen Arbeiten und insoweit für die ordnungsgemäße Einrichtung (...) verantwortlich“ ist. „Er hat die erforderlichen Nachweise über die Verwendbarkeit der verwendeten Bauprodukte und Bauarten zu erbringen und auf der Baustelle bereitzuhalten.“

Installateur in der Verantwortung

Für die Abschottung von Rohrleitungsanlagen bedeutet dies: Die Verantwortung für den fachgerechten Einbau einer Rohrabschottung trägt der Installateur, da er baurechtlich als Unternehmer gilt – egal also, ob der Architekt bzw. TGA-Planer in seiner Planung in dieser Hinsicht alles bedacht oder wichtige Details übersehen hat. Zu beachten hat der Installateur in diesem Fall die Vorgaben der Leitungsanlagen-Richtlinie, die die brandschutztechnischen Anforderungen an Leitungsanlagen vorgibt. Den Anforderungen kann der installierende Fachunternehmer durch verschiedene brandschutztechnische Maßnahmen gerecht werden. Das können entweder bauaufsichtlich geprüfte Rohrabschottungen oder die Bauart von Installationsschächten sein oder auch die sogenannten Erleichterungen für einzelne Leitungsanlagen. Alle diese Varianten müssen hierbei die gleiche Feuerwiderstandsfähigkeit der zu durchdringenden Bauteile gewährleisten.

Verwendbarkeitsnachweise zur Auswahl

Die Muster-Bauordnung stellt bezüglich der bauaufsichtlich geprüften Systeme mehrere Varianten zur Wahl: Der Unternehmer darf jene Bauprodukte wählen, „für die technische Regeln in der Bauregelliste A (...) bekannt gemacht worden sind oder Produkte, die in der Bauregelliste nicht geregelt sind. Diese müssen über einen An- bzw. Verwendbarkeitsnachweis verfügen, also:

  • eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (§ 18), (abZ)
  • ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (§ 19) (abP) oder
  • eine Zustimmung im Einzelfall (§ 20) (ZiE).

Für den baulichen Standardfall ist diese Vorgehensweise ausreichend. Doch der Arbeitsalltag auf der Baustelle birgt meist schwierigere Herausforderungen.

Abweichungen vorhanden – was nun?

Typischer Fall: Die im Vorfeld erstellte Ausführungsplanung weist Abweichungen auf zu den An- bzw. Verwendbarkeitsnachweisen der eingeplanten Bauarten oder Bauprodukten. Möglicherweise ist der vorgesehene Einsatz im An- oder Verwendbarkeitsnachweis gar nicht dargestellt und wurde durch den Zulassungsinhaber nicht geprüft. In diesen Fällen droht schlimmstenfalls die Gefahr einer im Brandfall fehlerhaften – sprich versagenden – Installation. Hat der Planer im Vorfeld der Ausführung alle grundlegenden Dinge für die Auswahl der Systeme inklusive der Brandschutzmaßnahmen beachtet, minimiert sich für den Installateur dieses Risiko.

Dennoch ist es zwingend erforderlich, dass der installierende Unternehmer die Faktenlage vor Ausführungsbeginn prüft und bei Mängeln Bedenken anmeldet. Andernfalls kann er bei einer etwaigen Schadenszuordnung und Behebung zur Rechenschaft gezogen werden. Natürlich kommt es auch nach der Ausführungsplanung, also während der Werk- und Montageplanung oder gar erst bei Ausführung, immer noch zu Abweichungen, die der Planer im Vorfeld nicht berücksichtigen konnte. Auch dann muss der Unternehmer entsprechend handeln.

Gefährdung möglichst ausschließen

Wie alle am Bau Beteiligten müssen auch die ausführenden Unternehmer die Schutzziele der Bauordnung beachten. Daher „dürfen Bauprodukte und Bauarten (...) nur verwendet werden, wenn bei ihrer Verwendung die baulichen Anlagen bei ordnungsgemäßer Instandhaltung während einer dem Zweck entsprechenden angemessenen Zeitdauer die Anforderungen dieses Gesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes erfüllen und gebrauchstauglich sind.“

Das bedeutet für die Anordnung, Errichtung, Änderung und Instandhaltung baulicher Anlagen nach Bauordnung unter anderem, „dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden.“

Das Problem an der Sache: Kann ein Installateur abweichende oder gegebenenfalls durch den Prüfzeugnisinhaber nicht geprüfte Einbausituationen fachlich wirklich umfassend bewerten? Im „kalten Zustand“ wird ihm die Einschätzung des bautechnischen Sachverhalts meist zuverlässig gelingen. Hierfür verfügt der Installationsprofi über ausreichende Sachkunde und Erfahrung.

Achtung „Brandfall“

Vermag der installierende Unternehmer die Einbausituation aber auch für den „heißen Zustand“, sprich den Brandfall, im Sinne der Schutzziele der Bauordnung richtig zu bewerten? Das betrifft beispielsweise die Gewährleistung der Feuerwiderstandsklasse und die Gefährdung der Gesundheit von Nutzern. Hat der Installateur also beispielsweise schon Brandversuche zu dieser Bauart oder mit dem jeweiligen Bauprodukt gesehen? Ist er sich bewusst, wie sich Materialien und Konstruktion im heißen Grenzbereich verhalten?

Sofern der Handwerksunternehmer neben den bautechnischen Aspekten für diese Sachverhalte ebenfalls ausreichend Kompetenz im Bereich Brandschutz hat, kann er guten Gewissens selbstständig eine Einschätzung vornehmen und eine rechtsverbindliche Übereinstimmungserklärung abgeben. Sollte er in Sachen Brandprüfung aber nicht über die Erfahrungen eines Prüfzeugnisinhabers oder einer bauaufsichtlich anerkannten Materialprüfstelle verfügen, ist die fachliche Beratung durch eben solche kompetenten Partner keine Kür, sondern Pflicht.

Professionelle Unterstützung holen

Wer sich mit spezifischen Details in einem unklaren Sachverhalt nicht auskennt, sollte sich kompetente Unterstützung holen. Beispiel: Einer feuerbeständigen Massivdecke fehlt die für eine klassifizierte Rohrabschottung erforderliche Dicke von mindestens 150 mm. Eine Anfrage bei dem jeweiligen Prüfzeugnis- bzw. Zulassungsinhaber (Hersteller) kann weiterhelfen. Hier bekommt der Installateur eine professionelle Einschätzung, ob es sich bei dieser Abweichung um eine wesentliche oder nichtwesentliche handelt und welche Maßnahmen er möglicherweise zu treffen hat.

Verantwortlichkeit bleibt erhalten

Entscheidend ist bei solchen Anfragen jedoch der Hinweis, den die Auskunft erteilenden Ansprechpartner immer geben: „Für die übereinstimmende Ausführung ist der installierende Unternehmer, nicht der Prüfzeugnis- oder Zulassungsinhaber verantwortlich.“ Daher verbleibt die letztendlich baurechtliche Entscheidung für die abweichende Ausführung beim Handwerksunternehmer. Will er diese nicht tragen, kann er den Weg der Zustimmung im Einzelfall wählen. Denn am Ende dokumentiert der Fachbetrieb mit seiner rechtsverbindlichen Unterschrift auf der Übereinstimmungserklärung, dass die Bauart gemäß dem abP bzw. der abZ ausgeführt wurde (stets inklusive der jeweiligen nichtwesentlichen Abweichung). Damit bestätigt der Fachbetrieb seine Verantwortlichkeit.

Ein Abgeben der Verantwortlichkeit ist nicht möglich. Die Rechtslage ist eindeutig – und nachteilig für ihn. Der Inhaber eines Prüfzeugnisses respektive einer Zulassung dürfte eine solche Erklärung für eine Bauart auch gar nicht erst abgeben. Und falls doch, ist sie nicht rechtsverbindlich. Damit vermeiden die Prüfzeugnis- bzw. Zulassungszeugnisinhaber, dass sie für die Arbeiten der Installateure auf der Baustelle in die Haftung genommen werden können – also für die Leistungen von Fachbetrieben, die sie in der Regel nicht kennen.

Daher ist es für den Installateur unerlässlich, die abweichende bzw. in einem abP oder abZ noch nicht erfasste Bausituation und ihre Randbedingungen in allen Details zu erfassen und zu zeichnen. Diese Informationen sollte er dem jeweiligen Prüfzeugnis- oder Zulassungsinhaber anschließend zur Bewertung im Sinne der Anforderungen der entsprechenden Prüfnorm und der MBO § 3 Abs. 2 vorlegen.

Bewertungen schriftlich protokollieren

Wenn der Hersteller des Bauproduktes die entsprechende Situation positiv bewertet und schriftlich bestätigt, kann der installierende Unternehmer mit der Umsetzung genau dieser bewerteten Einbausituation beginnen. Des Weiteren sollte der Handwerker mit dem Auftraggeber einvernehmlich abstimmen und dies protokollieren, dass die gewählte Ausführung dem privatrechtlichen Soll entspricht. So ist im Zuge der späteren Abnahmen klar ersichtlich, dass in dieser Hinsicht Konsens bestand. Gleichwohl: Das Haftungsrisiko verbleibt nach wie vor beim installierenden Unternehmer. Der sichere Weg für Installateure ist daher, bauaufsichtlich zugelassene Systeme zu verwenden, deren Anwendungen – in den jeweils relevanten Einbausituationen – mit dem abP/abZ abgedeckt sind.

Führt der Handwerksprofi nur geringfügig anders aus als mit dem Prüfzeugnis- oder Zulassungsinhaber abgestimmt, handelt sich der Handwerksbetrieb ein Nachweisproblem ein. Auf dünnes Eis gerät der Installateur auch, wenn der Prüfzeugnis- oder Zulassungsinhaber feststellt, dass eine schon geprüfte Situation, die noch nicht im abP/abZ integriert ist, zukünftig dort anders beschrieben werden muss. Zu diesem Zeitpunkt hat der Installateur sein Bauvorhaben nämlich bereits fertiggestellt – und bekommt das Nachweisproblem nachträglich serviert.

Werbebotschaften sind kein Nachweis

Probleme dieser Art tauchen insbesondere dann auf, wenn sich Installateure bei der Einschätzung von Sachverhalten ausschließlich auf Werbebotschaften zu Prüfberichten aus den Prospekten der Hersteller verlassen. Vage formulierte Aussagen wie „Positiv geprüft – Prüfzeugnis beantragt“ sollten Entscheider im Fachbetrieb daher nur mit höchster Vorsicht behandeln. Offensichtliches Ziel dieser Botschaften ist es, Kunden anzulocken und den Verkauf anzukurbeln. Eine allgemeine Orientierung können Werbebroschüren allemal bieten – sodass bei den Installateuren berechtigtes Interesse an den Produkten erwächst und sie sich mit konkreten Nachfragen an den Hersteller wenden können. Als Entscheidungshilfe sollten wohlklingende Textbausteine aus Hochglanzbroschüren hingegen tunlichst nicht dienen. Eine offiziell gültige Bescheinigung stellen sie ohnehin nicht dar. Grundsätzlich gilt: Prüfberichte ersetzen weder eine allgemein bauaufsichtliche Zulassung noch ein allgemein bauaufsichtliches Prüfzeugnis, noch eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE).

Fazit

Der Handwerksunternehmer sollte die Ausführungspläne von Architekt und Fachplaner gewissenhaft prüfen. Lassen sich die infrage kommenden Bauprodukte und Bauarten fachlich ordnungsgemäß installieren bzw. umsetzen? Bewertungsmaßstab im nicht geregelten Fall sollte der baurechtliche Anwendbarkeits- bzw. Verwendbarkeitsnachweis sein. Damit ist für nationale Bauprodukte oder Bauarten das abP bzw. die abZ gemeint. Produktbroschüren von Herstellern eignen sich zur allgemeinen Einschätzung als hilfreiche Informationsquelle – aber es sind baurechtlich keine allgemein gültigen amtlichen Nachweise. Auf Nummer sicher geht, wer als Handwerksunternehmer darauf achtet, dass er mit geprüften und allgemein gültigen, amtlich testierten Systemen arbeitet. Denn sie haben bereits die für die Bauaufgabe erforderlichen Zulassungsdokumente – und zwar schon vor Beginn der eigentlichen Werkleistung.

Autor

Dipl.-Ing. Karl-Olaf Kaiser ist freier Brandschutzconsultant und Fachdozent für die Ausbildung von Fachplanern und Sachverständigen bei EIPOS, 60322 Frankfurt, E-Mail: info@kaiser-brandschutzseminare.de