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Interview

Nicht schräg, sondern schön

SBZ: Wann haben Sie sich zuletzt in einem Bad mit Dachschräge den Kopf gestoßen?

Hanns-Christian Hofmann: Das war bei einem Ortstermin bei einem Kunden. Da sollte eine Abstellkammer zu einem Bad umgebaut werden. Leider hat dort die Glühbirne an der Wand ihren Dienst quittiert und bevor mich der Bauherr warnen konnte, war ich schon gegen den Balken gestoßen. Wir haben dann eine Lösung gefunden und im Zuge des Badeinbaus gleich die Tür versetzt.

SBZ: Empfinden Sie als Badgestalter Dachschrägen als hinderlich oder als herausfordernd?

Lotte Li Benkert: Dachschrägen stellen eine Herausforderung dar. Durch sie haben wir die Möglichkeit, einen sehr individuellen Raum für den Kunden zu gestalten. Das ist eine Steilvorlage für uns. Als Badgestalter suchen wir immer nach der einzigartigen Lösung. Die wird durch eine außergewöhnliche Raumgeometrie herausgefordert. Bei geraden Wänden liegt die Versuchung nahe, auf Standardlösungen zu vertrauen.

SBZ: Dusche, WC oder Badewanne: Was passt in Ihren Augen am besten direkt unter eine Dachschräge?

Hofmann: Alle drei Funktionen sind denkbar. Eine Dusche wird hier stark wirken, wenn sie, an der Stirnseite platziert, auch den Raum unter der Schräge mit beansprucht. Auch ein WC kann unter der Schräge seinen Platz finden, wenn es entsprechend weit vorgebaut wird. Die beste Raumnutzung ermöglicht eine Badewanne. Dadurch wird die Grundfläche optimal ausgenutzt. Die niedrige Deckenhöhe der Schräge kann mit Hilfe der Badewanne und einer Effektbeleuchtung ein besonders stimmiges Gesamtbild ergeben. Die Raumwirkung und Raumnutzung ergänzen sich optimal. So wirkt auch ein Bad mit Dachschräge großzügig.

SBZ: Wie sollten Ihrer Meinung nach die Nischen an den Stirnseiten des Raums genutzt werden?

Benkert: Als Badgestalter fragen wir nicht primär nach Funktion. Wir wollen die gesamte Raumwirkung im Blick behalten. Nicht jede Ecke muss mit einer Anwendung gefüllt werden. Da kann es eine großzügige Geste sein, nicht alles zuzubauen. Fläche wird als angenehm empfunden. Fläche kann als Luxus begriffen werden. Sie ist wichtig für den Gesamteindruck des Raumes. Es kann reichen, wenn in der Nische ein Kleinmöbel steht, wie zum Beispiel ein Beistelltisch, der zum Ambiente beiträgt.

SBZ: Unterscheidet sich Ihre planerische Herangehensweise zwischen kleinen und großen Bädern?

Hofmann: Nein. Zumindest nicht am Anfang. Da gehen wir immer gleich vor. Zuerst wollen wir den Raum erfassen und verstehen. Wir suchen nach Bezugslinien, Ausrichtungen und Orientierungen. Wir wollen die Qualität und den Charakter des Raumes erkennen. Das kann zum Beispiel eine dominante Dachschräge sein, bei der wir denken: Die muss ich unbedingt in Szene setzen. Wichtig ist, auch bei kleinen Räumen, nicht sofort in Produkten zu denken und dabei auf die Fertiglösungen der Industrie zurückzugreifen. Die sind natürlich hilfreich, aber Produkte sind erst der zweite Schritt bei der Badgestaltung.

SBZ: Was ist denn bei unterschiedlichen Raumgrößen anders?

Hofmann: Bei großen Räumen geht es darum, die Fläche sinnvoll zu gliedern. Man hat mehr Platz, als für die Funktionen benötigt wird. Diesen Platz gilt es, zur Geltung zu bringen. Die Standardanordnung der Objekte an der Wand entlang ist dabei selten zielführend. Hier sollte sich der Badplaner Gedanken zu raumgreifenden Gesten machen. Eine freistehende Wanne oder gliedernde Maßnahmen im Trockenbau zum Beispiel. Im Kleinbad brauche ich mir darum keine Gedanken machen. Da bin ich froh, wenn das WC noch neben die Wanne passt. Umso wichtiger ist es bei beengten Situationen, klare Linien zu finden, eventuell auf Funktionen zu verzichten, um den Raum so großzügig wie möglich wirken zu lassen. Das gelingt zum Beispiel mit einem durchlaufenden Bodenbelag, mit reflektierenden Oberflächen und mit intelligenten Stauraumlösungen.

SBZ: Welche Rolle spielt Licht bei Ihren Überlegungen im Bad mit Gaube bzw. Dachfenstern?

Benkert: Eine Ausleuchtung der einzelnen Funktionen mit Tageslicht ist in einem Dachschrägenbad in der Regel nicht optimal. Das können wir mit Kunstlicht natürlich ausgleichen. Dachschrägen inszenieren wir gern mit entsprechender Effektbeleuchtung. Das macht die Bäder dramatisch stimmungsvoll. Streiflicht ist bei einem Bad mit Wellnesscharakter ein probates Mittel. Da genügen bereits ein oder zwei Einbauspots.

SBZ: Wie gelingt es, mit Farben die Raumgeometrie optisch freundlicher zu gestalten?

Benkert: Ich will einen Raum stimmungsvoll erscheinen lassen. Mit einer klaren Aussage. Pastelltöne sind da nicht immer zielführend. Keine Angst vor dunklen, vor deutlichen Farben. Was so toll ist an dem Raum, zum Beispiel seine Dachschräge, das möchte ich zeigen. Da ist das Zusammenspiel von Licht und Farbe ein wichtiger Punkt. Effektlicht an einer weißen Wand ist wenig sinnvoll. Farbe soll nicht dazu verwendet werden, die Raumgeometrie anders wirken zu lassen, sondern soll sie unterstützen. Sie soll die Architektur des Raumes aufnehmen und die vorhandene Qualität zur Geltung bringen. Ziel ist es, die Atmosphäre mit Farbe zu unterstützen und nicht einen Raum optisch ein wenig kürzer oder länger aussehen zu lassen.

SBZ: Ist es eigentlich sinnvoll, dabei auch mit großformatigen Spiegeln zu planen?

Hofmann: Eindeutige Aussage: Nein. Wenn ich einen komplizierten Raum habe, verursache ich mit großen Spiegeln dort nur weitere Unruhe. Die Vervielfachung der Schrägen durch Spiegelflächen birgt die Gefahr, die Raumgeometrie unklar wirken zu lassen und eine Orientierung zu erschweren. Für ein Bad mit Wellnesscharakter ein sehr hinderlicher Umstand. Spiegel eignen sich ideal, um einen kleinen Raum optisch zu erweitern, aber nur, wenn darauf geachtet wird, dass das Spiegelbild vorhandene ruhige Linien weiterführt.

SBZ: Frau Benkert, Herr Hofmann, vielen Dank für das Gespräch.

Info

Details bei der Planung beachten

Ein Bad unterm Dach lässt sich nur selten als Standardlösung realisieren. Denn es spielen viele Faktoren eine Rolle:

  • Eine Badewanne nutzt die Grundfläche unter der Schräge optimal aus
  • Eine Dusche erzeugt Wirkung, wenn sie, an der Stirnseite platziert, auch den Raum unter der Schräge mit beansprucht
  • Ein WC findet unter der Schräge Platz, wenn es weit vorgebaut wird
  • Nicht alles zubauen bzw. zustellen, freie Fläche wird als angenehm empfunden
  • Dachschrägen mit Effektbeleuchtung inszenieren
  • Streiflicht ist bei einem Bad mit Wellnesscharakter angebracht
  • Die besondere Raumgeometrie mit Farbe unterstützen, aber nicht den Raum optisch kürzer oder länger aussehen lassen
  • Große Spiegel verursachen durch die Vervielfachung der schrägen Linien Unruhe. Um einen kleinen Raum optisch zu erweitern, sollte darauf geachtet werden, dass das Spiegelbild vorhandene ruhige Linien weiterführt.

Info

Die Planungsbeispiele stammen alle aus der Feder von Unternehmen, die sich „Die Badgestalter“ nennen. Das Know-how haben sie bei der Handwerkerkooperation SHK AG in deren Akademie erworben.

www.die-badgestalter.de

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