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Brennstoffzellen auf dem Weg zur Serienreife

Steigende Stückzahlen

Bereits vor einem Jahrzehnt stand die Brennstoffzelle für den Heizungskeller nach Meinung mehrerer Unternehmen kurz vor der Marktreife. Nachdem es um das Thema längere Zeit ruhiger gewesen ist, kommen jetzt erfreuliche Nachrichten – nicht nur aus den Forschungslabors, sondern auch aus Hunderten Haushalten, in denen die verschiedenen Generationen von Brennstoffzellen-Heizgeräten zuverlässig arbeiten.

Brennstoffzellen-Heizgeräte (BZH) können chemisch gebundene Energie direkt in nutzbare elektrische und thermische Energie umwandeln. Sie arbeiten sehr effizient und umweltschonend. Ausgangsprodukt für den Prozess ist je nach Brennstoffzellentyp u.a. wasserstoffreiches Gas, das mit Sauerstoff aus der Umgebungsluft chemisch reagiert.

Bei der Strom- und Wärmeerzeugung für Gebäude lässt sich die Frage der Gaszufuhr relativ einfach lösen: Als Energielieferant für die Brennstoffzelle wird meist Erdgas verwendet. Es enthält viel Wasserstoff und steht vielfach bereits im Haus zur Verfügung.

SOFC und PEMFC sind die gebräuchlichsten Verfahren

Bei den BZH setzen die meisten Hersteller auf die beiden Varianten SOFC und PEMFC. Das SOFC-Prinzip steht für Solid Oxide Fuel Cell, auch Festoxidbrennstoffzelle, PEMFC bedeutet Proton Exchange Membrane Fuel Cell, die auch als Polymerelektrolytbrennstoffzelle bezeichnet wird. Worin bestehen die Unterschiede? Während die SOFC-Brennstoffzelle über einen Elektrolyten aus Keramik verfügt, dient dazu bei PEMFC-Brennstoffzellen eine Kunststoffmembran. Grundsätzlich arbeiten SOFC-Brennstoffzellen im Bereich der Hochtemperatur zwischen 700 und 900°C, PEMFC-Geräte hingegen auf dem niedrigen Temperaturniveau von 60 bis 90°C. Darüber hinaus wird noch eine HT-PEM-Variante mit rund 160°C Betriebstemperatur erforscht. Zwischen SOFC und PEMFC gibt es außerdem Unterschiede bei der Reformierung des eingesetzten Brennstoffs. Bei der Reformierung wird aus Erdgas Wasserstoff gewonnen. Für diesen Prozess werden den Brennstoffzellen katalytische Reaktoren (Reformer) vorgeschaltet. Bei der SOFC-Brennstoffzelle ist der Reformer sehr einfach aufgebaut, während er bei der PEMFC-Brennstoffzelle deutlich aufwendiger ist. Für diesen Beitrag soll insbesondere die Entwicklung des SOFC-Brennstoffzellen-Heizgerätes im Mittelpunkt stehen.

Vaillant hatte bereits 1997 mit einem Forschungsprojekt zum Einsatz von erdgasbetriebenen Brennstoffzellen-Heizgeräten in Wohngebäuden begonnen. Ende 2008 startete die Entwicklung eines 1-kW-SOFC-Brennstoffzellen-Heizgerätes, welches mittlerweile in der fünften Generation vorliegt. Standen bei den ersten vier Typen die generelle Funktion und der jederzeit komplikationslose Betrieb in allen objektspezifischen Anwendungen im Mittelpunkt der Forschungen, dreht sich bei der aktuellen Gerätegeneration G5 alles um die Themen Vereinfachung, Kostenreduzierung und Robustheit. Ob dieser Typ noch als Feldtest oder bereits als serienreifes Produkt bezeichnet wird, liegt im Auge des Betrachters: 2013 wird das Unternehmen alleine mehr als 110 Geräte in einer vollwertig aufgebauten Serienproduktionsstraße herstellen. Die derzeit in Planung befindliche und in 2015 voraussichtlich umsetzbare Gerätegeneration G6 wird mit einer deutlich höheren Stückzahl hergestellt und eingesetzt werden. Die Entwicklung des SOFC BZH wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi).

Generell stehen BZH für deutlich höhere Primärenergie-Wirkungsgrade als derzeit verfügbare Technologien im Bereich der KWK. Darüber hinaus entwickeln sie weder Vibra­tionen noch störende Geräuschemissionen. NOx ist im Abgas nicht mehr enthalten und CO-Emissionen sind äußerst gering. Ebenso ist auch der Wartungsaufwand im Vergleich zur gasgestützten KWK minimal – bewegliche Teile wie einen Verbrennungsmotor enthält ein BZH nicht mehr.

Demgegenüber bietet ein BZH kaum die Möglichkeit zu häufigen Start/Stopp-Zyklen wie ein Gas-Verbrennungsmotor und aktuelle BZH sind noch vergleichsweise stoßempfindlich. Die tatsächliche Lebensdauer konnte noch nicht definitiv ermittelt werden, wobei die erste BZH-Generation aber bereits mehr als 20000 Betriebsstunden ohne die Notwendigkeit eines Wechsels des Brennstoffzellenstapels absolvierte. Die gute Degra­­da­tionsrate von weniger als 0,8 %/1000 h Betrieb konnte bereits überzeugen und weitere Optimierungen wurden bereits umgesetzt.

Robuster, zuverlässiger Betrieb und einfache Installation

Zielsetzung bei der Entwicklung der Vaillant-Brennstoffzellenheizung waren Robustheit, Zuverlässigkeit und hohe Lebensdauer. Generell werden Innovationen vom Markt und dem ausführenden Fachhandwerk besser akzeptiert, wenn bekannte Installationen und Vorgehensweisen zugrunde liegen – wie beispielsweise bei der 2009 in den Markt eingeführten Zeolith-Gas-Wärmepumpe. Die eigentliche Innovation – sei es nun das Zeolith-Modul oder die Brennstoffzelle – muss in ­diesem Fall als ­eine Art Black Box im Gesamtsystem verbaut und konfiguriert sein, ohne dass daran besondere Installations- oder Wartungsarbeiten über die Lebensdauer erforderlich sind. Die Marktakzeptanz wird zudem von einem absolut störungsfreien Betrieb abhängig sein. In der Entwicklung arbeitet Vaillant seit Oktober 2008 mit Teams des Unternehmens Sunfire (vormals Staxera) für die Entwicklung und Produktion des SOFC-Stacks und dem Fraunhofer-Institut IKTS aus Dresden zusammen. Wie stellt sich der aktuelle Entwicklungsstand derzeit dar?

Deutliche Vereinfachung der Komponenten

Die eigentliche Kernkomponente der BZH ist das Prozessgasmodul (PGM), das aus dem SOFC-Stack, dem Reformer, dem Nachbrenner und dem Heißgaswärmetauscher besteht. Das PGM konnte weitere Optimierungen erfahren: Die Leistung wurde gesteigert, das Packaging und die Wärmedämmung optimiert sowie Kosten und Degradation reduziert. Bereits heute ist absehbar, dass das PGM sich in der kommenden Gerätegeneration noch einmal um 40 % verkleinern wird. Abgaswärmetauscher und Wechselrichter konnten in den vergangenen Jahren auf die Bedingungen in BZH hin für einen robusten Betrieb entsprechend modifiziert werden.

In umfangreichen Tests erwies sich die elektrolytgetragene SOFC-Zelle mit einer Reformierung ohne Wasser (CPOX) als äußerst robust und langlebig. Der CPOX-Reformer wurde mit dem Ziel einer höheren Robustheit und längeren Lebensdauer weiter entwickelt. In der aktuellen Gerätegeneration G5 konnte auch der Startbrenner vereinfacht und mit dem Nachbrenner zu einer gemeinsamen Komponente zusammengeführt werden.

Kam bis zur vierten Gerätegeneration noch eine handelsübliche speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) zum Einsatz, wurde für die aktuellen Geräte eine eigene Platine als Fuel Cell Management Unit entwickelt, welche die Funktionalität der Sicherheitslektronik und der SOFC-Prozessregelung verbindet. Als Basis hierfür konnte ein bereits vorhandenes Board aus einer bestehenden Heizgeräteserie verwendet werden. Darüber hinaus wurde die Software des Anlagenreglers, dem sogenannten Energiemanager angepasst, der im Serienmotor-BHKW Ecopower 1.0 bereits im Markt ist. Neben der Kommunikation mit den Komponenten der Heizungsanlage und der Fuel Cell Management Unit erfolgt ein Datenaustausch zwischen dem Energiemanager und der im Rahmen des Callux-Demonstra­tionsprojekts entwickelten Callux-Box. Diese dient einerseits als Gateway, um mit einem OpenVPN-Tunnel einen Fernzugriff des BZH-Herstellers auf den Energiemanager zu ermöglichen. Andererseits erfüllt die Callux-Box für den jeweiligen Energieversorger Aufgaben als zentraler Datencontainer.

Zu den wichtigen Aufgaben gehört auch die Entschwefelung des Brenngases, da nahezu alle Elektrokatalysatoren in technischen Brennstoffzellensystemen in einem hohem Maß zur Sulfidbildung neigen. Dies führt in der Regel zu einem irreversiblen, starken Performanceverlust der Brennstoffzelle. Darum werden schwefelhaltige Brennstoffe wie Erdgas vor dem Einsatz entschwefelt. Erdgas enthält nicht nur von Natur aus Schwefelverbindungen, sondern ­gebräuchlicherweise werden dem Erdgas in Deutschland auch schwefelhaltige Verbindungen zur Odorierung zugesetzt. Beim BZH von Vaillant kommt ein Verfahren der adsorptiven Entschwefelung zum Einsatz. Vorteil gegenüber reaktiven Techniken wie der hydrierenden Entschwefelung ist der geringe apparative Aufwand. In einem öffentlich ­geförderten Projekt wurde für die Branche ­eine standardisierte Entschwefelungskartusche entwickelt, die zum einen deutlich kleiner ist als früher gebräuchliche Produkte. Zum anderen konnte das Wechselintervall auf zwei bis vier Jahre verlängert werden. Als ausschlaggebend für eine lange Standzeit erwies sich dabei die Betriebstemperatur an den Kartuschen. Im Forschungsprojekt konnte eine weniger sensible Entschwefelungslösung gefunden werden, die gleichzeitig eine bessere Integration in das BZH mit geringeren Betriebs­temperaturen erlaubt. Darüber hinaus konnte der Druckverlust deutlich reduziert werden.

Gerätekonzepte für hohe Stückzahlen

Welche Ausprägungen in der äußeren Gestaltung ein BZH künftig haben wird, ist derzeit noch nicht absehbar. So bot sich bereits mit der Gerätegeneration G3 die Möglichkeit, ein wandhängendes BZH zu fertigen, das aktuellen wandhängenden Gas-Brennwertgeräten ähnelt. Aus diesen Erfahrungen wurden in der vierten Generation die Komponenten so angeordnet, dass im Feldtest insbesondere auch ein einfacher Service ermöglicht wurde. Von dieser wandhängenden Brennstoffzelle wurden 28 Geräte produziert. Im Feldtest konnte ein Gesamtwirkungsgrad von 84 % bei einem elektrischen Anteil von 31 % nachgewiesen werden.

Zwar sind derzeit mit anderen SOFC-Gerätekonzepten noch höhere elektrische Wirkungsgrade erreichbar, jedoch positioniert sich Vaillant auch in diesem Teilbereich mit seiner Entwicklung eindeutig zugunsten ­eines robusten und langlebigen Gerätekonzeptes. Entsprechend wird der Stack mit rund 15 Jahren auf die Gesamtlebensdauer des Gerätes ausgelegt sein, sodass ein kostenintensiver Austausch während der Gerätelaufzeit vermieden werden kann.

Aus dem Callux-Feldtest kommen bislang positive Rückmeldungen zu Erfahrungen mit den BZH. Im Rahmen dieses Projektes werden im Zeitraum von 2011 bis 2016 BZH betrieben und getestet. Die vorletzte Genera­tion G4 des BZH hat nach dem Stand Mai 2013 bei 22 installierten Geräten mittlerweile kumuliert 190000 Betriebsstunden und mehr als 240 Start/Stopp-Zyklen erreicht. Dies ist eine Bestätigung des robusten Systemdesigns des Vaillant BZH-Konzeptes.

In der derzeit aktuellen Gerätegeneration G5 konnte bereits eine signifikante Kostenreduzierung von über 50 % gegenüber den G4-BZH erreicht werden. Dies lässt sich in erster Linie auf die Vereinfachung der Heißgaskomponenten, ein optimiertes Stackmodul, die Reduzierung von Aktorik und Sensorik sowie ein neues Elektronik-Board zurückführen. Gleichzeitig wurde das Gewicht um ein Viertel verringert. Die Abgasführung von BZH und Spitzenlastgerät konnte erstmals gemeinsam geführt werden.

Nächste Baureihe mit großen Stückzahlen in Planung

Für den Weg in den Markt sind weitere ­Demonstrationsprojekte wie Ene.field erforderlich. Dieses von der EU mitfinanzierte Projekt ermöglicht neun europäischen Brenn­stoffzellen-Heizgeräteherstellern, alle derzeit bestehenden Brennstoffzellen-Technologien in einem Praxistest zu erproben. Dazu werden rund 1000 Anlagen in Wohngebäuden in zwölf EU-Mitgliedstaaten installiert. Hierdurch lässt sich eine weitere Reduzierung der Herstellkosten sowie eine breite Absicherung der Lebensdauer und Zuverlässigkeit erzielen. Dennoch erscheint eine Förderung zum Markteintritt notwendig, um trotz der weiterhin vergleichsweise hohen Herstell­kosten bei den anfangs zu erwartenden geringen Absatzmengen einen akzeptablen Marktpreis für den Nutzer realisieren zu ­können.

Das BZH steht nun tatsächlich vor der Markteinführung und hat in mehreren Gerätegenerationen sein robustes Konzept und die hohe Effizienz bestätigen können. Künftig werden BZH die mit Abstand effizienteste Möglichkeit sein, den Energieträger Gas zu nutzen und gleichzeitig geringe Emissionen zu verursachen. Von der aktuellen Geräte­generation wird Vaillant über 200 Einheiten, von der kommenden Baureihe G6 bereits deutlich mehr fertigen. Dafür wurde eine serienfähige Produktionsstraße aufgebaut. Kosten und Gewicht konnten bereits deutlich reduziert sowie der notwendige Service vereinfacht werden. Spätestens ab 2017 wird Vaillant das BZH dann im Einfamilienhaus als eine innovative Ergänzung zur aktuellen KWK mit Gas-Verbrennungsmotoren in die Produktpalette mit aufnehmen können.

Autor

Jochen Paulus ist Leiter für die Sys­tem­entwicklung der SOFC-Brennstoff­zellen-Heizgeräte bei Vaillant, Telefon (0 21 91) 18-0 jochen.paulus@vaillant.de https://www.vaillant.de/heizung/

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